Sabina Sieghart Kommunikationsdesign


Designforschungsprojekt Leichte Sprache


Leichte Sprache ist eine einfache Varietät des Deutschen. Der Inhalt eines Textes wird durch sprachliche und visuelle Mittel transportiert. Die Studien gehen der Forschungsfrage nach, wie die visuelle Umsetzung gestaltet sein muss, um der Zielgruppe das Verständnis von Texten zu ermöglichen.


aktuelles

Vortrag 24.1.2024
Ringvorlesung, FH Dortmund

Promotion (2022 – 2025)
Universität Hasselt: The impact of typography on digital communication in Easy-to-Read language.
READSEARCH auf Instagram

DIN SPEC 33429 (2020 – 2023)
Mitarbeit in der DIN-Kommission Empfehlungen für Deutsche Leichte Sprache
Zum Geschäftsplan

Neue Publikation
7/2023 | The Influence of Fonts on the Reading Performance in Easy-to-Read Texts: A Legibility Study with 145 Participants Design Issues

ZU DEN PRAXISBEISPIELEN


DIN Spec 33429 Leichte Sprache


Eine DIN Spec ist die Vorform einer DIN-Norm. Sie beschreibt die Möglichkeiten zur Umsetzung gesetzlicher Vorgaben zur Verwendung von Leichter Sprache. Leichte Sprache soll die Verständlichkeit und Lesbarkeit von Texten und Inhalten erleichtern. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) fördert das Projekt, um öffentliche Stellen, aber auch andere Organisationen bei der Verwendung von Leichter Sprache zu unterstützen. Die Empfehlungen dienen auch der Qualitätssicherung bei Ausschreibungen. Der Deutsche Designtag hat den Arbeitskreis Inklusives Kommunikationsdesign beauftragt, die Leitlinien für die visuelle Umsetzung fachlich fundiert zu formulieren. Zur DIN Spec 33429.


Digitale Medien und digitale Design Pattern fördern die Inklusion von Menschen mit kognitiven Einschränkungen.


Als Designer und Forscher ist es unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass Informationen für alle zugänglich sind, unabhängig von ihren kognitiven Fähigkeiten. Leichte Sprache wird derzeit häufig verwendet, um Texte für Menschen mit kognitiven Einschränkungen zu vereinfachen. Während gestalterische Aspekte der Verständlichkeit von Texten in letzter Zeit an Aufmerksamkeit gewonnen haben, ist die Nutzung digitaler Medien durch diese Gruppe noch wenig erforscht. Wir wissen nicht, welche Geräte und Anwendungen sie wie nutzen und wie wir ein Design entwickeln können, das ihren Bedürfnissen entspricht.

In unserer Studie haben wir 20 Personen, die Leichte Sprache verwenden, bei der Interaktion mit PDF- und HTML-Dokumenten beobachtet. Das Testmaterial wurde in einem partizipativen Prozess mit 6 Mitforschenden erstellt. Wir sammelten Daten über ihren persönliche Mediengebrauch, ihre Interaktion mit Design Pattern und dokumentierten individuelle Workarounds um an Informationen zu gelangen.

Die Testpersonen besitzen fast alle ein Smartphone und überwinden damit Einschränkungen in der Einrichtung, wie z.B. einen eingeschränkten Internetzugang. Sie zeigen Engagement, Ausdauer und Kreativität bei der Überwindung von Barrieren und erwerben ihre digitalen Kompetenzen oft durch eigenständiges Training mit dem Smartphone. Der Zugang zu PCs scheint für viele eingeschränkt zu sein: 10 von 20 Teilnehmern waren nicht in der Lage, ein barrierefreies PDF auf ihrem PC zu nutzen.

Unsere Studie bietet Einblicke in die Art und Weise, wie Menschen mit kognitiven Einschränkungen mit digitalen Medien interagieren und identifiziert Schlüsselstrategien, die bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen berücksichtigt werden sollten. Da die Zielgruppe mit Standardanwendungen vertraut ist, sollte der Schwerpunkt auf der Optimierung digitaler Standard Design Pattern liegen. Visuelle Hinweise spielen eine wichtige Rolle bei der erfolgreichen Nutzung und machen die Gestaltung der Design Pattern zu einem Schlüsselthema und zur Aufgabe des Designers. Die Herausforderung besteht darin, ein Design zu entwickeln, das ein Gleichgewicht zwischen zusätzlichen visuellen Hinweisen, wie z.B. Icons, und einer geringen kognitiven Belastung herstellt.

Die ausführlichen Ergebnisse sind im Publikationsprozess.
Hier können Sie die Webseite des Gesamtprojektes besuchen.


The Influence of Fonts on the Reading Performance in Easy-to-Read Texts: A Legibility Study with 145 Participants

This study examines whether the common typographical recommendations for texts in easy-to-read language are helpful. So far, using a sans-serif font in 14 pt has been suggested. The statistical evaluation shows that Thesis TheSans is read significantly faster than Arial. Fonts with serifs are read slightly faster. The font size of 12 pt is large enough. The study clearly indicates that the strict commitment to sans serif fonts—and the Arial font in particular—for texts in easy-to-read language is wrong. The results can be used by designers and clients as a valid decision-making aid when creating barrier-free communication. Full text.


Wie Unternehmen und Behörden barrierefrei kommunizieren können.

6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland haben Schwierigkeiten, kurze Texte zu lesen und zu verstehen (BMBF, 2019). In unserer literalen Gesellschaft ist Lesen eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Behörden und Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, barrierefrei zu kommunizieren. Leichte Sprache ist dabei wie die Gestaltung einer Kommunikation ein Hilfsmittel und kann im besten Fall ein Schlüssel zur Inklusion sein. Die Barrierefreiheit von Informationen ist ein zentrales Thema für die gelungene Kommunikation mit heterogenen Zielgruppen, insbesondere in der digitalen Kommunikation.

Doch was ist bei der Gestaltung zu beachten? Welche Rolle spielen Typographie und Programmierung? Wie sieht die praktische Umsetzung aus und wie müssen Unternehmen ihr Corporate Design erweitern, um barrierefrei zu kommunizieren?

Im Rahmen des Forschungsprojekts haben wir ein Analysemodell entwickelt, das auch in der Praxis hilfreich sein kann. Kommunikation ist dann erfolgreich, wenn sie angemessen und verständlich ist. Beim Lesen eines Textes greift der Leser auf seinen Erfahrungsschatz und sein (visuelles) Wissen zurück. Er ordnet die Text- und Bildinformationen und versucht, ihnen die (richtige) Bedeutung zu geben. Gelungene Kommunikation findet statt, wenn die individuellen Voraussetzungen des jeweiligen Lesers berücksichtigt werden und Text und Gestaltung für ihn verständlich sind.

In dieser Publikation werden die Ergebnisse aus der Forschung der Linguistin Bettina M. Bock und der Designforscherin Sabina Sieghart verständlich aufbereitet und ihr wissenschaftliches Analysemodell vorgestellt. Praxisbeispiele zeigen anschaulich wie eine gelungene Umsetzung aussehen kann. Eine Checkliste ermöglicht Auftraggeber:innen, Designer:innen und Marketingbeauftragten die Qualität der ihrer Kommunikation zu beurteilen, Ausschreibungen zu erstellen, Arbeitsprozesse zu strukturieren, die Ergebnisse zu beurteilen oder ein neues Konzept erfolgreich zu entwickeln.

Januar 2022, Prokon Verlag München. Unterstützt von der typographischen Gesellschaft München (tgm), dem Bezirk Oberbayern und der Kulturstiftung Oberbayern.
Hier können Sie ein Druck-Exemplar bestellen.
Hier können Sie das barrierefreie pdf downloaden.


Readability is our business!
Grafikmagazin April 2021

Der Gastbeitrag im neuen Grafikmagazin reflektiert die Bedeutung der Designforschung für die Designpraxis. Außerdem gibt es einen kurzen Einblick in die aktuellen Arbeit im DIN-Konsortium.

Regeln für leserliche Produkte können nur von den Fachleuten dieser Disziplin – Designer:innen – fachlich fundiert erarbeitet werden. Da Regelwerke wie z B. eine DIN-Norm die praktische Arbeit aller Designer:innen beeinflussen wird, sollten wir uns einmischen: als Designer:innen, Forscher:innen und Gestalter:innen der Zukunft des Lesens! Hier können Sie den Artikel als pdf downloaden.


The Influence of Macrotypography on the Comprehensibility of Texts in Easy-to-Read Language. Visible Language 12/2020

Der Artikel im internationalen Designforschungsjournal Visible Language ist die ausführliche Beschreibung und Auswertung der interdisziplinären Studie zum Einfluß der Makrotypografie auf das Textverständnis bei Texten in Leichter Sprache. In dem englischsprachigen Artikel wird auch der Stand der internationalen Forschung zur Bedeutung von (Makro)typografie auf verständliche Kommunikation zusammengefasst. Ein Schwesterartikel der Linguistin Bettina M. Bock in der Zeitschrift für Angewandte Linguistik beleuchtet die Rolle der Makrotypografie als Verständlichkeitsfaktor aus linguistischer Sicht. Da Covid die Auslieferung des Journals verzögert, hat sich der Verlag entschlossen, die einjährige Sperrfrist aufzuheben und das pdf jetzt schon zum download bereitzustellen. Download des pdfs hier.


Angemessene Kommunikation mit Leichter Sprache.

Der Artikel im Sammelband Bildgestalten – Topographien medialer Visualität entstand nach dem Vortrag auf der Konferenz FURE– Future of Reading in Münster.

Hier werden erstmals die Ergebnisse der beiden Studien zu Leichter Sprache und Typografie vorgestellt. Die makrotypografische Studie zeigt, dass konventionelle Gestaltung der Zielgruppe Leichter Sprache beim Textverständnis hilft.

Die mikrotypografische Studie stellt fest: Schriften mit dynamischen Formprinzip werden von Testpersonen mit Leseschwierigkeiten schneller gelesen als die bisher empfohlene Schrift »Arial«. Zudem schnitten Serifenschriften im Test besser ab als serifenlose Schriften. Zum Buch. (Seit dem 25.6.2020 erhältlich.)


publikation


Zum Buch.
Ein pdf des Artikels erhalten Sie auf Anfrage.

Lesbar – Typografie in der Wissensvermittlung

Die internationale Arbeitsgemeinschaft „Typografie in der Wissensvermittlung“ hat es sich zum Ziel gesetzt, die Qualität der Gestaltung von Texten in der Wissensvermittlung zu erhöhen. Designer, Sprachwissenschaftler und Forscher aus beiden Disziplinen arbeiten seit Jahren zusammen. Am 29. – 30. November wurde in Wien im Rahmen des Symposiums Das Auge liest mit. Über den didaktischen Mehrwert von Typografie. die aktuelle Publikation vorgestellt.

Mit Beiträgen von: Martin Tiefenthaler, Jürgen Spitzmüller, Miriam Mayrhofer, Ulrike Borinski, Florian Adler, Saskia Kraft, René Spitz, Christina Bugge, Clemens-G. Göller, Sabina Sieghart, Rosalie Heinen, Susanne Heinicke, Silvia Werfel, Rudolf Paulus Gorbach, Michael Schlierbach, Verena Kiesel, Lisa Neuhalfen, Jan Filek, Antonia Cornelius, Björn Schumacher, Albert Jan Pool, Sabine an Huef, Petra Wöhrmann, Roland Stieger.


publikation

NOVUM 12/2019

NOVUM 12/2019 | Schwerpunkt Accessibility

Chefredakteurin Sylvia Mossmann schreibt im Vorwort der Ausgabe: Wie so oft kann Design die Welt ein Stück besser machen. Indem es maßgeschneiderte Konzepte anbietet oder gleich den ganz großen Wurf wagt und Lösungen entwickelt, die für Menschen mit Einschränkungen genauso gut funktionieren wie für alle anderen. Zur NOVUM geht es hier und ein pdf des Artikel als download.


publikation

Ein barrierefreies pdf des Buches können Sie hier downloaden.

Leichte Sprache. Kein Regelwerk.

Die Publikation fasst die wichtigsten Ergebnisse der sprachwissenschaftlichen Studien im LeiSA-Projekt (2014-2018) zusammen. Außerdem werden durchgängig Empfehlungen für das Erstellen von „Leichte Sprache“-Texten formuliert. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie verständlich ist „Leichte Sprache “ für die Zielgruppen wirklich? Gängige „Leichte Sprache“-Prinzipien wurden in empirischen Verstehenstests überprüft. Teilweise konnten Prinzipien bestätigt werden, teilweise wird aber auch deutlich, dass eine andere Praxis für die Zielgruppen angemessener wäre. Wie der Titel schon zum Ausdruck bringt, hat die Darstellung nur sehr bedingt den Charakter eines Ratgebers, Regelwerks oder Leitfadens, auch wenn alle Kapitel auf eine praktische Anwendung hin geschrieben sind. Es handelt sich vielmehr um eine populärwissenschaftliche Aufbereitung wissenschaftlicher Arbeiten. Dabei werden durchgängig Hinweise gegeben, wo man weiterlesen und in die wissenschaftliche Diskussion eintauchen kann.

Das gestalterische Konzept und Layout wurde von Sabina Sieghart entwickelt. Es intergriert auch Leichte Sprache. Auch die makrotypografische Studie (s.u.) wird in dieser Publikation vorgestellt. Ein barrierefreies pdf des Buches können Sie hier downloaden.


publikation

Leichte Sprache am Arbeitsplatz

Anne Goldbach und Daniel Bergelt stellen die Sozialwissenschaftliche Ergebnisse und Praxisempfehlungen aus dem LeiSA-Projekt vor. Drei Jahre lang haben sie gemeinsam mit Menschen mit Behinderung zur Leichten Sprache am Arbeitsplatz geforscht. Manche von ihnen haben erst durch das Projekt erfahren, dass es Leichte Sprache gibt.

Drei Fragen wurden dabei gestellt:

1. Wie werden Texte in Leichter Sprache bisher im beruflichen Alltag von Menschen mit Lernschwierigkeiten genutzt?
2. Wie schätzen Menschen mit Lernschwierigkeiten ihre berufliche Teilhabesituation ein?
3. Kann Leichte Sprache die berufliche Teilhabesituation von Menschen mit Lernschwierigkeiten verbessern?

Das gestalterische Konzept des ersten Bandes wird fortgeführt und intergriert auch Leichte Sprache. Das Buch erscheint im Sommer 2019 im Frank und Timme Verlag.


publikation

Masterthesis, Hochschule der Künste Bern, 2/2018. Ein pdf des Buches erhalten Sie auf Anfrage.


Vorträge, Workshops & Webinare

25. – 26.5.2023 | VisionPlus XIX, Wien
18.5.2023 | Herstellungsleitertagung, Irsee
6. & 9.3.2023 | DIN Institute online
30.6 & 1.7.2022 | Haus der Kunst, München
18.3.2022 | Weissraum, Innsbruck
17.11.2021 | READSEARCH, Hasselt, Belgien
31.10.2020 | ATypI all Over
30.9.2020 | Capito-Fachkonferenz
1.6.19 | Herstellungsleitertagung, Irsee
22.8.19 | Forum Digitale Kommunikation, Bern
23. & 24.9.19 | Generali, Zürich
26.9.19 | ILIAS-Konferenz, Dresden
19.11.19 | Bauhaus 4.0, Leipzig
29 & 30.11.19 | designforum, Wien
26.4.19 | Schweizerische Bundeskanzlei, Bern
3 – 6.19 | Webinarserie für capito
30.11.18 | FURE, Münster
8.11.18 | World Usability Day, Salzburg
12.10.18 | Deutsches Historisches Museum, Berlin
19.12.17 | Salzburg Museum, Salzburg
18.12.17 | capito Hackathon, Graz
18.11.17 | Forum Typografie, München
4.11.17 | Forschungsseminar, FH Vorarlberg
28.10.17 | CAS Kontext Museum, HKB, Bern
31.7.17 | Montessorischule Biberkor
1.7.17 | DGTF, Zürich
25.10.16 | tgm, München
21.9.16 | Forschungsmittwoch, HKB, Bern
13.6.16 | Jahresversammlung capito, Graz

downloads

Poster Analysemodell
Poster Forschungsprojekt
Abstract
Text in Leichter Sprache

links

Master Design Research HKB Bern
Designforschung an der HKB Bern
LeiSa Forschungsprojekt, Uni Leipzig

Leichte Sprache, Typografie und Angemessenheit

Im geplanten Projekt wird das Phänomen Leichte Sprache unter dem Aspekt der Angemessenheit aus typografischer und linguistischer Sicht erforscht.

Leichte Sprache definiert sich als eine verständliche Varietät des Deutschen. Sie entstand in der Praxis mit dem Ziel, Barrierefreiheit zu schaffen, Teilhabe und Selbstbestimmung für Menschen mit Lernschwierigkeiten zu ermöglichen. Auch weitere Personengruppen, wie Menschen mit eingeschränkten Deutschkenntnissen oder Demenz, sollen von Leichter Sprache profitieren. Leichte Sprache richtet sich derzeit nach einem starren Regelwerk. Nur wenn die Regeln befolgt werden und eine Prüfgruppe anschließend die Verständlichkeit und Einhaltung der Regeln bestätigt, darf der Text als Leichte Sprache bezeichnet werden. Diese Regeln widersprechen jedoch teilweise den Erkenntnissen der Verständlichkeitsforschung sowie Erfahrungen und Erkenntnissen des Kommunikationsdesigns. Zudem greift das Regelwerk zu kurz, da es weder die verschiedenen Ausgabemedien noch die heterogene Zielgruppe berücksichtigt. Das Verstehen der Texte wird z.T. unnötigerweise erschwert, und die visuelle Umsetzung der Produkte animiert nicht zum Lesen.

Doch welche Parameter sind entscheidend für die erfolgreiche Aufnahme von Texten bei dieser Zielgruppe? Wie können daraus allgemein gültige, angemessene Vorgaben entwickelt werden?

1. Theoretische Analyse
These: Kommunikation ist nur dann erfolgreich, wenn sie angemessen ist.
Auf Basis einer gegenstandsbezogenen Explizierung des Sprach- und Kommunikationsideals sowie des Verstehensziels von Texten in Leichter Sprache werden Texte zunächst aus typografischer und linguistischer Sicht analysiert. Dabei werden die fünf Angemessenheitsdimensionen (adressatenbezogen, sachlich-inhaltlich, situationsbezogen, senderbezogen, textfunktionsbezogen) untersucht.

2. Beispielhafte Anwendung
In einem partizipativer Projektaufbau werden mit einem Praxispartner Prototypen entwickelt und getestet. Ideale Partner sind Museen, Banken oder Verwaltungen. Alle Anwendungsfelder der Typografie (Signaletik, Printprodukte und bildschirm-gestützte Medien) werden gestaltet.

3. Formulierung von Leitlinien
These: Die Faktoren angemessener Kommunikation mit Leichter Sprache können
nur als Leitlinien und nicht als starres Regelwerk formuliert werden. Für die sprachliche und typografische Gestaltung kann ein praktisch anwendbarer Orientierungsrahmen formuliert werden, der eine Einschätzung der Qualität des gestalteten Textes auf Basis der fünf Angemessenheitsdimensionen ermöglicht. Die besondere Herausforderung besteht in der Berücksichtigung der Multimodalität der Kommunikation.

Die 6-minütigen Dokumentation gibt einen Überblick über das Forschungsprojekt (mit Ton). Sie können auch ein Abstract als pdf downloaden.


publikation

Sammelband „Leichte Sprache“ im Spiegel theoretischer und angewandter Forschung“, Frank & Timme Verlag, April 2017
Hier können Sie den Artikel mit Literaturverzeichnis als pdf downloaden.

Leichte Sprache – Design für alle.
Ein kritisches Statement aus der Designpraxis

Artikel von Sabina Sieghart aus dem Sammelband „Leichte Sprache“ im Spiegel theoretischer und angewandter Forschung“, Frank & Timme Verlag, April 2017

Visuelle Übersetzung entscheidet
In der gesprochenen Sprache werden Pausen, Betonung, Mimik und Gestik eingesetzt, um Inhalte erfolgreich zu kommunizieren. In der geschriebenen Sprache übernehmen Design und Typografie die Funktionen des Strukturierens und impliziten Qualifizierens. Jede typografische Entscheidung ist mit einer Konnotation verbunden. Oder wie Hans Peter Willberg sagte: „Jede Gestaltung interpretiert, neutrale Typografie gibt es nicht, so wenig wie es neutrales Sprechen geben kann“ (Willberg/Forssman 1997). Design, Makro- und Mikrotypografie haben großen Einfluss darauf, ob Inhalte ihr Publikum erreichen.

Nach der Zielgruppe fragen
Die gestalterische Umsetzung ist entscheidend für das Gelingen einer barrierefreien Kommunikation. Design fragt immer nach dem Nutzer, analysiert Zielgruppen. Bei der Zielgruppe von Leichter Sprache (LS) sind unter Umständen eine eingeschränkte Sehfähigkeit, geringe Lesefähigkeit, langsamere Wahrnehmung und eine kürzere Konzentrationsspanne zu berücksichtigen. Wie wirkt sich das auf Schriftwahl, Schriftgröße etc. aus? Wenn es um Leser mit kognitiven Einschränkungen geht, gibt es bereits wertvolle empirische Erkenntnisse aus dem Designbereich wie z.B. die DIN 1450 zu Leserlichkeit (2013), die in den Regelwerken zur LS allerdings keinen Eingang gefunden haben. Bei der konkreten Umsetzung, der Gestaltung des Magazins „Kultur inklusive!“ des Bezirks Oberbayern (2015), sollten mit einer Publikation sowohl geübte Leser auf C2-Niveau wie auch eine heterogene Zielgruppe für LS erreicht werden.


Abb 1. Vorarbeiten von Albert-Jan Pool zur DIN 1450 Leserlichkeit. Entscheidend ist der Duktus der Schrift. Renaissance-Antiquas sind besser lesbar (ob serif oder grotesk) als klassizistische Schriften.

Was Typografie und Design leisten
Eine erste Übersetzung brachte lange Texte, und das Regelwerk (BMAS 2014) verhinderte ein sinnvolles Layout. Unser Team fand in einem pragmatischen Austausch eine gute Lösung. Wir behandelten die LS wie eine zusätzliche Textebene, bedienten uns also klassischer typographischer Mittel. In der Magazingestaltung, im Editorial Design, gehen wir nie davon aus, dass die Rezipienten alle Texte lesen. Ein Bild und eine Headline erregt die Aufmerksamkeit des Lesers. Daraufhin liest er eventuell den Fließtext. Wir legten in „Kultur inklusive!“ die LS-Texte ähnlich an wie Subheadlines oder Zitate. Sie sind nicht redundant mit dem Text in schwerer Sprache, sondern berichten mit anderen Worten und Schwerpunkten. Die Prüfgruppe von einfachverstehen.de testete das Magazin – und befand es für sehr gut. Bis heute gilt es als Referenzprojekt.


Abb 2. Doppelseite des Magazins „Kultur inklusive!“ (Bezirk Oberbayern 2015). Aus makrotypographischer Sicht ist entscheidend, dass die Textebenen klar unterscheidbar sind. Auf dieser Doppelseite hat man trotz großer Textmengen das Gefühl, drei bewältigbare Blöcke zu sehen: das Inhaltsverzeichnis links, die Textebene in Leichter Sprache sowie die zwei Textblöcke in schwerer Sprache.

Makrotypografie gliedert und organisiert Text, verteilt die Information auf der Fläche und setzt visuelle Akzente. Die räumlichen Anordnungsmuster verschiedener Textarten kehren immer wieder. Die makrotypografische Struktur gibt eine klare Vorinformation über die Textart. Der Leser erkennt anhand der äußeren Form, ohne den Inhalt zu lesen, ob er eine Überschrift, einen Roman, eine Speisekarte oder eine Gebrauchsanweisung vor sich hat.
Mikrotypografie schafft Hierarchien im Text und erleichtert damit den Rezeptions- und Verständnisvorgang. Schriftgestaltung, Schriftart, Schriftmischung, Schriftgröße, Schriftschnitt, Zeichen-, Wort- und Zeilenabstand – diese Parameter müssen für jede Schrift, jede Zielgruppe und jede Lesesituation neu bestimmt werden. Jede Schrift hat zudem eine bestimmte Konnotation, einen Charakter. Wir hatten für das Magazin – übrigens abweichend von den Regeln für Leichte Sprache (BMAS 2014) – eine Serifenschrift verwendet, die „Thesis mix“ mit optimalen mikrotypografischen Einstellungen.


Abb.3 Detail aus der Doppelseite. Die Schrift „Thesis mix“ ist gut lesbar, da die Öffnungen der Buchstabeninnenräume (1) von a, e und s groß gestaltet sind und die Buchstabenformen sich klar unterscheiden (das „a“ hat einen komplett anderen Aufbau als das „o“). Die Serifen (2) helfen zusätzlich die Buchstaben voneinander zu differenzieren und verstärken die Bandwirkung einer Zeile. Neben dem Kontrast von Schrift zu Hintergrund, Mittellänge der Schrift, Strichstärke, Schriftweite und Laufweite ist der optimale Zeilenabstand (3) entscheidend für die Lesbarkeit des Textes.

Anwendung im Digitalen
Makro- und mikrotypografische Anwendungen kommen auch in den digitalen Medien zum Einsatz. Neuere Entwicklungen in der Typografie wie Webfonts (seit 2009) und Variable Fonts (seit 11/2016) verändern momentan die visuelle Gestaltung der digitalen Medien grundlegend. Neue technische Möglichkeiten könnten Anwender von Leichter Sprache in der Praxis unterstützen. Bislang wird im Print- wie im Digitalbereich für Leichte Sprache nur ein ganz schmales Spektrum der typografischen Möglichkeiten genutzt. Das Know-how zu Makro- und Mikrotypografie wird im Regelwerk zur Leichten Sprache (BMAS 2014) nicht erwähnt. Wieso werden in der Praxis nicht sämtliche Erkenntnisse zur typografischen Gestaltung genutzt? Praktiker berichten von geringen Budgets für die unangenehme Pflichtaufgabe LS-Teil. Vieles wird für die Zielgruppe der LS schnell selbst mit Bordmitteln gelöst, wohingegen die Texte in schwerer Sprache von Profis ins Layout gebracht werden. Dabei bräuchte gerade die Zielgruppe, die Schwierigkeiten beim Aufnehmen von Sprache hat, besondere Unterstützung und damit eine attraktive, zum Lesen einladende Gestaltung.

Ein klares Forschungsdesiderat
Wer sich mit der bisherigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung zur LS befasst, wird feststellen: Die visuelle Übersetzung, also Typografie und Design, wird schlichtweg nicht berücksichtigt. Es gibt linguistische, sozialwissenschaftliche und IT- Forschungsprojekte, jedoch kein Forschungsprojekt im Designbereich. Hier gibt es ein Forschungsdesiderat: Ein Forschungsprojekt im Designbereich könnte die Disziplinen zusammenbringen und das tradierte Designwissen empirisch überprüfen.

Vom Research-through-Design-Ansatz profitieren alle
Praxisbasierte Designforschung beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der visuellen Kommunikation. Sie kann die gestalterischen Implikationen der Kommunikation mit Leichter Sprache erforschen. Der Researchthrough-Design-Ansatz entwickelt, testet und optimiert praktische Anwendungen mit der Zielgruppe. Mit der Hochschule der Künste Bern, die bereits über zehn Jahre Erfahrung in der Designforschung in den Bereichen Health Care Design, Knowledge Visualization und Social Communication verfügt, wollen wir 2017 ein Forschungsprojekt aufsetzen. Artikel mit Literaturverzeichnis als pdf.