Barrierefreies Corporate Design
Corporate Design macht eine Marke unverwechselbar. Die meisten Manuals berücksichtigen barrierefreie Gestaltung (noch) nicht und müssen überarbeitet werden. Dabei begleiten wir Unternehmen und ihre Agenturen mit Beratung, Workshops und vermitteln die fachlicher Expertise.
Verständliche Kommunikation für die Elbkinder
Die Elbkinder-Kitas betreuen und fördern Kinder mit familiären Wurzeln in vielen Ländern dieser Erde, mit mehr als 100 Familiensprachen. Mit 181 Kitas und täglich ca. betreuten 32.000 Kindern sind die Elbkinder der größte Kita-Träger Deutschlands und mit ca. 7.300 Mitarbeitenden auch ein großer Arbeitgeber Hamburgs. Ein frisches Corporate Design, das intern wie extern Anklang findet und kontinuierlich professionell weiterentwickelt wird, wurde 2012 eingeführt. Für die Weiterentwicklung ab 2021 ist die Verständlichkeit der Kommunikation ein zentrales Anliegen. Die Elbkinder wollen versuchen, Eltern besser und umfänglicher zu erreichen. Vereinzelt wurde mit Leichter Sprache experimentiert. Die Ergebnisse waren unbefriedigend. Das Erscheinungsbild wich zu stark vom Corporate Design ab und wirkte wie eine Sonderlösung für „schlechte“ Leser.
Als öffentliche Einrichtung sind die Elbkinder zudem gesetzlich verpflichtet, barrierefrei zu kommunizieren. Das Leitungsteam entschied sich für externe Expertise und beauftragte die Corporate Designerin und Designforscherin Sabina Sieghart.
Die Willkommensmappe haben wir analysiert und exemplarisch Formulare neu gestaltet. Anhand des neuen Leitfaden erarbeitet das Marketing mit der Hausagentur Kudlik-Ruttner die weiteren Formulare.
Zunächst hat ein kleines internes Team die Kommunikationsmaterialien analysiert und Interviews mit Kita-Leitungen geführt, um typische Schwierigkeiten und Probleme zu identifizieren. Beklagt wurde u.a. der Mehraufwand für Personal und Kitaleitung, um z.B. Elternbriefe und Eingewöhnungsmaterialien zu erklären. Auch die oft fremdsprachigen Hauswirtschaftskräfte sind auf eine verständliche Kommunikation angewiesen, um z.B. Sicherheitshinweise und Maschinen zu verstehen. Daraufhin wurden die wichtigsten Materialien für die barrierefreie Umgestaltung ausgewählt: Die Eingewöhnungsbroschüre und die Willkommensmappe sowie die Hauswirtschaftsanleitung zum Thema Reinigung und Arbeitssicherheit.
Die Dosier- und Reinigungsanleitungen wurden mit dem Hauspersonal entwickelt und getestet.
Anschließend wurden die Materialien und die Kommunikationssituation mit dem Analysemodell der Angemessenheit und Verständlichkeit aus der Forschung untersucht. Dabei wurden die verschiedenen Dimensionen der Kommunikation beleuchtet und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. So haben z.B. alle Eltern in „stressigen“ Lesesituationen (z.B. beim Abholen nach einem langen Tag) Schwierigkeiten, komplexe Informationen zu erfassen. Fremdsprachige Familien haben besondere Schwierigkeiten mit komplexen deutschsprachigen Texten. Bei der Textverständlichkeit spielt die sprachliche Ebene eine ebenso große Rolle wie die visuelle Ebene. Aber auch technische und rechtliche Faktoren sind zu beachten. Texte mit kurzen, klaren Sätzen werden von Übersetzern (oder Apps) besser und fehlerfreier übersetzt als komplizierte Satzkonstruktionen. Der Betreuungsvertrag oder die Impfvorschriften wiederum basieren auf rechtlichen Vorgaben und müssen juristisch einwandfrei sein.
Mit den Erkenntnissen aus den internen und externen Analysen beschloss die Geschäftsführung das Sprachniveau „Einfache Sprache“ (statt „Leichter Sprache“) anzustreben. Die Öffentlichkeitsarbeit und die langjährige externe Agentur wurden frühzeitig eingebunden. Nun galt es aber auch, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus mit ins Boot zu holen. Die Erfahrungen mit verständlicher Kommunikation waren allein schon aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsplätze in der Verwaltung und den Kindertagesstätten vielfältig. Entscheidend für eine erfolgreiche Corporate Identity ist jedoch die Akzeptanz auf allen Ebenen. In einer Klausurtagung wurden die Analysen und erste Ideen zur Umsetzung im neuen Corporate Design vorgestellt. In Workshops erarbeiteten verschiedene Gruppen weitere Lösungsansätze und Kommunikationsgrundsätze: Die Elbkinder wollen möglichst alle Familien erreichen und wertschätzend, einfühlsam und zugewandt kommunizieren.
Die alten Versuche mit Leichter Sprache (links, Kudlik-Ruttner), die Überarbeitung (rechts, Sabina Sieghart) und die finale Version (Kudlik-Ruttner) der Eingewöhnungsbroschüre.
Die neue Willkommensmappe zeigt die gelungene Umsetzung dieses Anspruchs. Das Begrüßungsschreiben schafft mit wenigen freundlichen Sätzen eine gute Atmosphäre und listet dann übersichtlich alle zu überreichenden Unterlagen auf. Der Betreuungsvertrag und weitere Formulare stellen heute übersichtlicher dar, worum es geht und was zu tun ist. Die Eingewöhnungsbroschüre arbeitet mit ansprechendem Bildmaterial und einem einleitenden Text in Leichter Sprache (in größerer Schrift). Der Text in Standardsprache vertieft die Informationen in kleinerer Schriftgröße.